Im 19. Jahrhundert änderte sich allmählich das Stiftungsverhalten der Bevölkerung. Verschiedene Stifter dachten bereits überkonfessionell, denn die Armut kennt keine konfessionelle Färbung. Die Stiftungen des 19. und 20. Jahrhunderts sollen wiederum an einigen Beispielen veranschaulicht werden.

Der Regensburger Sanitätsrat Johann Leonhardt Staude vermachte im Jahre 1809 den Armen der Stadt 10.000 Gulden. Die Zinserträge aus dieser Kapitalstiftung dienten drei Zwecken, zum einen 150 Gulden zur Austeilung an Arme jedweder Religion, zum anderen 52 Gulden für eine vierzehntägig zu haltende evangelische Predigt und letztlich 100 Gulden zur Unterstützung der Lehrer an den hiesigen Bürger- und Elementarschulen.

Der Regensburger Bischof Johann Nepomuk von Wolff bedachte in seinem Testament aus dem Jahre 1811 das katholische und evangelische Krankenhaus und die entsprechenden Waisenhäuser ohne Unterschied. Den beiden Krankenhäusern vermachte er jeweils 1500 Gulden, den beiden Waisenhäusern jeweils 1000 Gulden.

Die Galanteriewarenhändlerin Karoline Allius setzte in ihren vier Testamenten aus den Jahren 1841 bis 1851 die Waisenkinder des protestantischen und katholischen Waisenhauses als Alleinerben ein und bestimmte darüber hinaus verschiedene Vermächtnisse.

Der Bleistiftfabrikant Johann Rehbach vermachte in seinem Testament vom 12. April 1865 20.000 Gulden für wohltätige Zwecke. Die eine Hälfte dieser Summe erhielt das Evangelische Krankenhaus, die andere wandte er dem evangelisch-deutschen Schulfonds zu. Die dem Schulfonds überlassene Summe war zweckgebunden zur "Aufbesserung des Einkommens der evangelischen Volksschullehrer".

Die Stiftung des Hofrats und "Chefarzts" am Evangelischen Krankenhaus, Dr. Paul Stoer, ist wegen des Stiftungszwecks bemerkenswert. Stoer machte im Jahre 1883 eine "Kapitalstiftung" in Höhe von 25 Gulden. Bei einer vierprozentigen Verzinsung, so rechnete Stoer, würde nach 100 Jahren ein Betrag von 1.262,60 Mark zur Verfügung stehen. Von diesem Betrag sollte den Pfründnern und Pfründnerinnen des Evangelischen Bruderhauses und des Oswaldstifts am 500. Geburtstag des Reformators Martin Luther im Jahre 1983 "ein gemeinsames fröhliches Mittagsmahl" ausgerichtet werden. Das lange vorgeplante Festmahl fand jedoch in dieser Form nicht statt, denn das Stiftungskapital war durch die Inflation von 1923 aufgezehrt worden. Der evangelische Stiftungsrat beschloss am 25. Februar 1941 die endgültige Aufhebung dieser Stiftung. Ungeachtet der Aufhebung dieser Stiftung war der Tisch in unseren Altenheimen am Geburtstag Martin Luthers reichlich gedeckt.

Gleich zu Beginn des 20. Jahrhunderts steht die bedeutende Stiftung der 1906 verstorbenen Sidonie Wolff, die ihr Vermögen in Höhe von 224.314 Mark für wohltätige Zwecke bestimmte; davon
171.314 Mark für die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung zur Errichtung eines "Töchterheimes für unbescholtene Jungfrauen aus besseren Ständen."
Die Verfügung der Stifterin wurde durch den Umbau und die Aufstockung des St. Oswaldstiftes in die Tat umgesetzt. Am 01. Januar 1910 konnte das so erweiterte und erneuerte St. Oswaldstift seinen Betrieb aufnehmen.

Die Buchbinderseheleute Gustav und Maria Gistel schenkten der Evangelischen Wohltätigkeitsstiftung ihr Wohn- und Geschäftshaus in Regensburg am Arnulfsplatz. Die Mieterträge sollen für das Evangelische Waisenhaus, zur Unterstützung armer kranker Kinder in einer Ferienkolonie und zur Unterstützung armer protestantischer Studierender verwendet werden.

Margarete Abicht vermachte der Evangelischen Wohltätigkeitsstiftung mit Testament vom 16. März 1932 ein Wohnhaus in der Landshuter Straße in Regensburg. Die Zinserträge sollen für die Stiftungsaltenheime verwendet werden.

Die Oberlehrerin Theodora Jung aus Saaz vermachte der Evangelischen Wohltätigkeitsstiftung mit Testament aus dem Jahre 1973 ein Wohnhaus in Donaustauf. Die Zinserträge sollen wiederum den Evangelischen Altenheimen zugute kommen.

Frau Christiane Friedlein bestimmte in ihren 1970 bis 1987 abgefassten Testamenten die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung zum Alleinerben. Ein Wohn- und Geschäftshaus in der Kramgasse in Regensburg sowie ein namhafter Geldbetrag vergrößerten das Stiftungsvermögen. Gemäß Wunsch der Stifterin wird dieses Vermögen "für die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung und für die Erweiterung der Stiftungsaltenheime" eingesetzt.

Mit der Übertragung einer Vermögensmasse an die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung, d.h. der Errichtung einer unselbständigen Stiftung oder einer Zustiftung, ist häufig die Auflage der Grabpflege für das Stiftergrab verbunden. Diese Auflage wird von der Evangelischen Wohltätigkeitsstiftung sorgsam erfüllt. Derzeit pflegt die Evangelische Wohltätigkeitsstiftung acht Grabstätten und Grüfte.

 

Verwaltung der Stiftung und Konfession